Seit über 100 Jahren besteht die Kneipe „Jägerhof“ in der Bergneustädter Altstadt und
symbolisiert wie das Heimatmuseum den Zusammenhalt der Altstädter. Als Gaststätte wird das Gebäude schon seit dem Jahr 1800 genutzt. Der angebaute, ebenfalls denkmalgeschützte Festsaal ist jüngeren Datums. Nun ist der Eigentümer und Betreiber in einem Alter, in dem er den Jägerhof in „jüngere“ Hände übergeben möchte. Im Rahmen des Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts zur ganzheitlichen Erneuerung der Stadtmitte und der Altstadt kam gemeinsam mit der Bürgerschaft die Idee auf, aus dem traditionsreichen Gebäude einen für die Stadt und die Region neuen kulturellen und bürgerschaftlichen Treffpunkt zu entwickeln.
Die aktuelle Zielsetzung ist, dass die Stadt Bergneustadt mithilfe der Städtebauförderung des Landes und des Bundes das Gebäude erwirbt; auch die bauliche Herrichtung soll über eine Förderung erfolgen. Der Jägerhof soll dann zu einem städtischen, offenen und kulturellen Begegnungsort für alle Generationen und für möglichst vielfältige Nutzungen werden. Die Steuerung und Organisation soll gemeinschaftlich von Stadt und Bürgerschaft getragen werden. Für den täglichen Betrieb soll ein Betreiber gesucht werden.
Die Stadt hat sich auch um einen Förderzugang „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung in ländlichen Räumen“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW beworben und wurde in die erste Phase des Förderprogramms aufgenommen. Seitdem wird die Stadt durch ein Programmbüro begleitet, das auf Zeitplan, inhaltliche Ausrichtung und zügige Konkretisierung des Projekts achtet.
Aus den ersten Beteiligungen ergaben sich zahlreiche Wünsche und Ideen für den Jägerhof. Diese gehen von Konzerten, Jam-Sessions, Jazz-Matinees, Programmkino, Theater und Kleinkunst über Treffmöglichkeiten für Vereine und Gruppen bis hin zu einem Proberaum für Chöre und Nutzung der Räume und Säle durch Musikschule, VHS oder weitere Bildungsanbieter wie Computerlabor und Digitallabor. Darüber hinaus sollen die Räume auch für private Veranstaltungen und für Fortbildungen, Tagungen, Seminare oder Workshops vermietet werden. Wichtig ist zudem, niedrigschwellige Angebote mit günstigen/kostenlosen Angeboten (Treffpunkt für Vereine, Gruppen, Yogagruppen etc.) zur Verfügung zu stellen.
Ein Grundgedanke der Dritten kulturellen Orte im ländlichen Raum ist, dass sich Bürger und Bürgerinnen aktiv in die Entwicklung und Organisation des Dritten Orts einbringen. Damit sollen der dauerhafte Betrieb, die Identifikation und die Belebung gesichert werden. Daher werden ab Anfang 2020 bürgerschaftliche Strukturen aufgebaut,
Haben Sie Interesse, Zeit und Potenzial? Alle in der Altstadt und der Stadt Bergneustadt sind herzlich willkommen, sich einzubringen.
Dritte Orte sind Plätze des Zusammentreffens und bieten Menschen die Möglichkeit der Begegnung mit Kunst und Kultur in ländlichen Räumen. Deswegen fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft die Konzeptentwicklung und -umsetzung für solche Orte der Begegnung.
Mehr zum Dritten Ort gibt es hier zu erfahren: https://www.mkw.nrw/kultur/foerderungen/dritte-orte
Der heutige Inhaber und Namensgeber des Familienunternehmens, Heinz Jäger, ist im Rentenalter und möchte den Jägerhof in neue Hände übergeben. Dieser Wunsch wurde laut, als die Stadt Bergneustadt das ISEK (Integrierte StadtEntwicklungsKonzept) für die Altstadt und Stadtmitte erstellte. Gemeinsam mit vielen Altstädter*innen wurde in den Beteiligungsveranstaltungen zum ISEK die Idee geboren, den Jägerhof zu einem bürgerschaftlich getragenen, öffentlichen Kultur- und Begegnungsort weiterzuentwickeln. Viele Altstädter*innen beschrieben den Jägerhof neben dem Heimatmuseum als kommunikative und kulturelle Drehscheibe sowie als Herz der Altstadt.
Mit dem ISEK-Prozess sind nun viele Beteiligungsprozesse gestartet. Bislang sind beteiligt:
Nach drei großen Bürgerversammlungen, in denen die Zukunft des Jägerhofs diskutiert wurde, haben sich nach Aufruf ca. 20 Personen gemeldet, die sich seit Winter 2019/2020 im Koordinierungsrat Jägerhof zusammenfinden und alle strategischen und organisatorischen Fragen beraten. Auch die Vorstellung des Projekts vor der Jury in der ersten Phase des Wettbewerbs wurde bürgerschaftlich organisiert. Aus dem Koordinierungsrat haben sich zur Vorbereitung der zweiten Förderphase vier Arbeitsgruppen gebildet, die nun das Raum-, Nutzungs- und Kulturkonzept des zukünftigen Dritten Orts Jägerhof erarbeiten. Weitere Beteiligungsaktionen und temporäre Kulturprogramme wie Bürgerversammlungen, ein Akteurs- und Vereinstreffen, ein Urban-Gardening-Projekt und erste Konzerte und Theaterstücke mussten wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt werden. Ab Juni 2020 wurde die Planung zur temporären kulturellen Nutzung des Dritten Orts Jägerhof aufgenommen.
Die historische Gaststube wird schon wegen ihres besonderen Charmes in ihrer Funktion als Wohnzimmer der Altstadt erhalten bleiben. Hier wird die gastronomische Funktion weiter Bestand haben. Das Gastronomiekonzept ist durch einen renommierten Koch der Stadt konzipiert worden. Demnach soll es fünf Standardgerichte geben (Erbsencremesuppe, Kalbsbratwurst mit rotem Kartoffelsalat, Frikadellen mit Koriander, Mango-Aioli und Baguette, Hühnerfrikassee Hahnenglück mit Bio-Reis, Jägerhof Brotplatte), die alle zum gleichen Preis angeboten werden. Die Gerichte werden als „Rohlinge“ von den Gaststätten der Altstadt angeliefert und im Jägerhof fertiggestellt/fertiggebacken oder aufgewärmt. Die Speisen haben einen regionalen Bezug und werden durch kulinarischen „Pfiff“ zu einem besonderen Gericht. In den Gastraum kann jeder auch ohne Verzehrzwang einkehren.
In der Gaststube finden kulturelle Kleinformate (hier auch ohne Eintritt) statt, wie gemeinsames Singen, Sessions, Kartenspielrunden u. v. m. Es ist zu prüfen, ob vor dem Jägerhof statt der Stellplätze eine Außengastronomie möglich ist.
Daneben werden alle Räume in den freien Zeiten auch für Vereinstreffen, Chorproben, ehrenamtliche, sozialintegrative und nachbarschaftliche Initiativen zur Verfügung stehen. Diese Nutzungen werden einen gleichberechtigen Anteil an Zeiten einnehmen. Da die Genossenschaft nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, ist die Öffnung zum Quartier neben der Etablierung des Kulturorts ein gleichwertiges Ziel.
Ein besonderes Angebot soll im Bereich des generationenübergreifenden Gärtnerns stattfinden. Die Idee ist, dass Kindergartenkinder aus dem Stadtumbau-Stadtteil Hackenberg ab Frühjahr 2021 gemeinsam mit den Senior*innen des Altersheims ein Urban-Gardening-Projekt starten. Ebenso sollen Jugendliche eingebunden werden, indem sie Hochbeete bauen und diese gemeinsam mit Kita-Kindern und Senior*innen bepflanzen.
Ein ganz wichtiger Aspekt des Jägerhofs ist aber, dass er jeden Tag und immer allen Besucher*innen offen steht; das Entree und der Gastraum werden stets geöffnet sein. So wird es Zeiten im Haus geben, die für gemeinsame Aktivitäten von Bürger*innen zur Verfügung stehen, ob mit oder ohne Programm, z. B. Basteln, Spielen, Singen, Werken, Reparieren etc.
1. Physischer, auf Dauer angelegter Ort: Der Jägerhof ist seit über 100 Jahren ein identitätsstiftendes Gebäude, das im Herzen der Altstadt von Bergneustadt liegt. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und wird mit dem offenen Kulturtreff eine würdige Nutzung erhalten. Da das Gebäude auf Dauer im Besitz der Stadt bleiben soll, ist gesichert, dass es sowohl dauerhaft öffentlich ist als auch dem kulturellen Zweck und den kommunikativen Bedarfen der Stadtgesellschaft dient.
2. Gute Erreichbarkeit im Sinne der Zugänglichkeit: Der Jägerhof liegt in der Mitte der Altstadt an der Hauptstraße und damit an der Haupterschließung der historischen Altstadt. Der Jägerhof kann zu Fuß, mit dem Rad und durch den neuen Aufzug (Projekt des ISEK) von der Innenstadt und mit dem Pkw erreicht werden. Ab dem Frühjahr 2021 wird an den ÖPNV-Knotenpunkt eine sog. Mobilstation angeschlossen mit der Möglichkeit, auch E-Bikes oder ein Fahrzeug zu leihen. Damit wäre, sollte ein Veranstaltungsende nach dem „letzten Bus“ stattfinden, auch der Heimweg für viele Nutzer*innen sichergestellt. Eine entsprechende Ausschilderung zur Altstadt erfolgt im Stadtzentrum ebenfalls. Intensiv wird auch an einem Lärmschutz gearbeitet, um Nutzungskonflikte von Beginn an klein zu halten.
3. Niedrigschwelliger, barrierefreier Zugang: Im Rahmen der architektonischen Planung ist eine besondere Aufgabe, sowohl für die Zeit des Aufbaus provisorisch für den temporären Betrieb als auch für den dauerhaften Bestand das Gebäude des Dritten Orts weitgehend barrierefrei umzubauen. Da sich der Betrieb des Dritten Orts dauerhaft wirtschaftlich tragen soll, ist das Konzept so angelegt, dass Eintrittsgelder, Kursgebühren und Vermietungen generiert werden sollen. Daneben gibt es Bildungsangebote der VHS, Stadtbücherei etc., die allen Menschen aus Stadt und Region offen stehen. Das Wohnzimmer wird zu (nach Möglichkeit) ganztägigen Öffnungszeiten eine offene Tür haben; hier besteht kein Konsumzwang. Die Einnahmen werden ausschließlich für Personal, Betriebskosten, den Erhalt des Gebäudes und weitere Angebote im Jägerhof verwendet. Der Aufenthalt im gesamten Jägerhof ist grundsätzlich kostenfrei.
4. Geeignete Öffnungszeiten: Der Aufbau des Kultur- und Kommunikationszentrums Jägerhof ist stufenförmig angedacht. In der ersten Phase der temporären kulturellen Nutzung wird der Eigentümer den Jägerhof der Stadt zur Verfügung stellen. In dieser Zeit werden sich die Öffnungszeiten des neuen Dritten Orts auf die Zeiten der Veranstaltungen beziehen; das „Wohnzimmer“ in der Kneipe wird täglich öffnen. Die Zielsetzung für den dauerhaften Betrieb des Orts ist selbstverständlich die vorrangige Nutzung für Freizeitaktivitäten und eine durchgehende Öffnung während der ganzen Woche.
5. Einladende Atmosphäre und Gestaltung: Nach langer Diskussion um den gestalterischen Gesamteindruck des Jägerhofs im Koordinierungsgremium waren sich alle einig, dass der Dritte Ort Jägerhof vor allem durch seine traditionelle Ausstrahlung besticht: „Der Jägerhof muss der Jägerhof bleiben, denn hier fühlen sich alle wohl“. Somit wird der Jägerhof in seiner Ausstrahlung und Gestaltung sehr behutsam weiterentwickelt. Die Ausstattung mit Mobiliar, Lampen, Böden, Geschirr etc. wird eine Mischung aus Vintage und Modernem sein. Sanitäreinrichtung, energetische Versorgung, Schallschutz und die gesamte Veranstaltungstechnik werden in Gänze auf dem heutigen Stand der Technik sein.
6. Im ehemaligen Kneipenraum wird ein gastronomisches Konzept realisiert, das eher eine Wohnzimmergaststätte als ein hochwertiges Restaurant vorsieht. Es sollen Getränke und kleine regionale, nachhaltige Speisen verkauft werden. Auch die Bewirtung der Veranstaltungen wird von hier aus erfolgen. Für größere Veranstaltungen und Feiern wird ein Catering-Unternehmen hinzugezogen. Das Angebot steht nicht in Konkurrenz zu den Angeboten in der Altstadt; vielmehr unterstützt dies die Zielsetzung des ISEK, aus der Altstadt einen touristischen Ort zu machen. Darüber hinaus sollen Kooperationen mit Hotels und Gastronomie der Altstadt eingegangen werden, um sich gegenseitig zu unterstützen.
7. Kulturelle Angebote, Vernetzung verschiedener Nutzungen: Der Aufbau des Dritten Orts Jägerhof wird in zwei Phasen unterteilt. In der zweiten Förderphase der Dritten Orte werden das Konzept und die kulturelle Nutzung stetig wachsend aufgebaut. Der Ort soll mit seinem neuen Profil bekannt werden. Dabei soll es viele experimentelle Ansätze im Programm geben, um herauszufinden, wie das endgültige Kulturprogramm für Bergneustadt und die Region an diesem Ort aussehen kann. Die zweite Förderphase 2021 bis 2023 ist auf Basis des Gesamtkonzepts eine spannende und laborartige Lernzeit. Nach dem finalen Umbau und der Sanierung (s. „9. Technische Grundausstattung“) soll das Konzept ab 2023 in „fertigen“, barrierefreien und energetisch sanierten Räumen mit technischer Infrastruktur auf heutigem Stand erprobt werden. Der Umbau bedeutet eine zeitliche Einschränkung. Geplant ist aber eine Sanierung in Bauabschnitten, sodass immer mindestens 50 % der Räume genutzt werden können.
8. Nachhaltige Verantwortungsstruktur: Für den Betrieb ist eine gemeinnützige Genossenschaft in Gründung. In den verschiedenen Gremien werden maßgeblich Bürger*innen der Stadt verantwortlich agieren. Darüber hinaus ist angedacht, dass viele ehrenamtlich Tätige die Arbeit in und um den Jägerhof begleiten. Das Gebäude bleibt nach Erwerb und Sanierung dauerhaft im Besitz der Stadt Bergneustadt und wird ebenso dauerhaft einer öffentlichen und gemeinwesenorientierten Arbeit mit Schwerpunkt Kunst und Kultur gewidmet.
9. Technische Grundausstattung: Das Gebäude wird mit Hilfe von Städtebaufördermitteln durch die Stadt erworben und mit einem durch die Städtebauförderung vorgegebenen Kostenvolumen saniert. Diese Vorgaben wurden unter Berücksichtigung des Gesamtansatzes des ISEK und der Anträge im Rahmen der Regionale 2025 Bergisches RheinLand überschläglich festgelegt. Mit diesem Volumen wird nach ersten Aussagen der beauftragten Architekten eine grundlegende und erhaltende, denkmalgerechte sowie energetische Sanierung des Gebäudes zu leisten sein, die es zulässt, das Konzept umzusetzen. Es wird mit diesen Mitteln keine vollumfängliche technische Ausstattung zu finanzieren sein. Daher werden mit dem Antrag für die zweite Förderphase der Dritten Orte zwei Bausteine beantragt: die technische und infrastrukturelle Ausstattung sowie die Finanzierung für den Aufbau des Kultur- und Veranstaltungskonzepts. Die Altstadt verfügt über DSL-Geschwindigkeiten bis zu 200 Mbit/s, das Mobilfunknetz bietet flächendeckend LTE, und noch im Jahr 2020 wird über das WiFi4EU-Programm für die Altstadt ein flächendeckendes Freifunknetz installiert.
10. Beteiligungsprozess: Die bisherige Konzeptionsphase wie auch die anstehende „Testphase“ werden maßgeblich von Akteur*innen aus der Stadt bestimmt. Es finden regelmäßig offene Veranstaltungen zur Planung des Jägerhofs statt. Der akteursgetragene Koordinierungsrat Jägerhof steuert und plant den Dritten Ort. Die Stadt Bergneustadt übernimmt nur bestimmte Aufgaben (Förderantragstellung, Beauftragung Dritter, Verhandlungen mit dem Eigentümer, Mitarbeit am Aufbau der Genossenschaft). Für die Zeit des Testbetriebs werden „Offene Orte“ im Dritten Ort angeboten, an denen sich Akteur*innen, Vereine und Kreative ausprobieren können. Dabei stößt dieses Format auf ein kreatives Potenzial in der Stadt.
11. Einbindung in die Stadt-/Dorf- bzw. Regionalentwicklung: Der Dritte Ort Jägerhof liegt im Stadterneuerungsgebiet Altstadt/Innenstadt Bergneustadt. Die Konzeption eines „Dritten Orts“ orientiert sich an den Zielen des Handlungskonzepts Stärkung der Quartiersidentität durch den Aufbau selbstgetragener Strukturen und gemeinschaftlicher Aktivitäten zur Weiterentwicklung der Altstadt und Stadtmitte. Diese sind u. a.:
Hauptstr. 47
51702 Bergneustadt
E-Mail: info@jaegerhof-bergneustadt.de
Tel.: 02261 / 9207324
Fax: 02261 / 9207325
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